Zeitzeuge Hans Hahn

Fuldamobil- Zeitzeuge Hans Hahn (gest.) aus Augsburg erzählte im Jahr 2006, wie ihm der (schwäbische) Schnabel gewachsen ist:

1950 haben wir in Augsburg einen Batteriedienst angemeldet, weil ich immer schon selbstständig sein und mit Automobilen arbeiten wollte. Schon während des Krieges (-da war ich KFZ Unteroffizier-), habe ich in diversen KFZ Kompanien Dienst an mobilem Kriegsgerät ausgeübt und entsprechende Erfahrungen gesammelt und das hat mir viel Spass gemacht. Obwohl ich Bäcker gelernt habe, wechselte ich in die KFZ Branche, das hat mir einfach mehr Freude bereitet.

Vorgeschichte: Die Firmen- Anfänge

Meine Frau wollte nicht mitmachen, weil die Selbstständigkeit damals sehr unsicher war, gerade im neu begonnenen Automobil-Geschäft und vor allem aber im Nachkriegs-

Deutschland. Das Risiko war hoch, damals hat es ja noch nicht so viele Autos gegeben. Eines Tages kam ein Vertreter aus Starnberg, der hatte mir eine neue Batteriesäure angeboten. Diese kam von Hamburg und hieß: SBA Säure. Da habe ich mich überzeugen lassen und wollte das Produkt in Augsburg einführen. Es war schwierig,  geschäftlich ist nichts gegangen! Auch beim anschließenden Versuch, Autos  für Bekannte zu reparieren,  ist auch nichts „gegangen“.  Dann habe ich mich auf`s Fahrrad geschwungen und bin in die Stadt (Augsburg) gefahren. In der Stadt habe ich geschaut, ob ich nicht irgendwo ein Platz für meine Selbstständigkeit finden könnte. Es war schwierig, etwas „Geeignetes“ zu finden. Nach einiger Suche, ich kam mit dem Fahrrad einen Berg herunter, fuhr ich auf einen leeren Platz zu, auf dem eine Hütte stand; am anschließenden Haus stand bereits ein Pavillon. (Foto 2) Auf die Frage, wem das alles gehört und ob man das pachten könnte, kam die Rückfrage: Was ich bin und was ich mache? „Ich arbeite mit Auto- Elektrik und Batterien“, sagte ich. „Ja wunderbar“, sagte der damalige Pächter, „das Grundstück können Sie haben und hier anfangen. So begann ich hier, denn der Platz war geradezu ideal. Folgende Planung hatte der Pächter damals vorgesehen: hier solle später ein weiteres Haus von ihm gebaut werden und unten drinnen könne ich dann eine Werkstatt einrichten. Aber es kam alles ganz anders, denn, der Platzbesitzer war später damit nicht mehr einverstanden und hat uns nach zwei Jahren rausgeschmissen!

In Klinkerberg am Brunntal war ein Hinterhof frei und ich habe gefragt, ob ich da her kann und eine Werkstatt eröffnen könnte.

Folgende Auflagen bekam ich vom Pächter aufgebrummt:

Wir mussten zuhause eine Hütte zimmern, die als Werkstatt dient, ungefähr 4x 3 m groß und da hat der Hausbesitzer gesagt, wenn ich da wirklich hin will, muss ich die Hütte am Freitag hinbringen und aufstellen. Bis Samstag früh muss das Dach oben sein, weil sonst kommen die Spitzel vom Bauamt und stellen das Vorhaben ein. Das haben wir befolgt und auch geschafft und samstags war die Hütte einsatzbereit, mittags war das Dach darauf und so haben wir  in Klinkerberg angefangen. (Foto 1, 5  u. 6)

Damals war ich ganz allein im Geschäft und es ging mühsam vorwärts, weil auch wenige Autos vorbei gefahren sind. Alle Arbeiten wurden im Freien ausgeführt. Nach und nach wuchs der Kundenkreis und 1952 wurde ein KFZ Gehilfe eingestellt.

Da war ich dann zwei Jahre dorten mit meinem Batteriedienst.

So ging es weiter:

Nach dem Rausschmiss bin ich in `s Thäle 7 umgezogen, damaliger Zentralparkplatz.

Die Hütte wurde nun vergrößert und nach weiteren zwei Jahren kam wieder eine Kündigung, da die Augsburger Zeitung den Platz erworben hatte.

Es erfolgte wieder ein Umzug nach Hause, in die jetzige Markgrafenstraße:

(Foto 3, 4, 7, 8, 50/60iger Jahre Aufnahmen)

Und der damalige Stad`l wurde ausgebaut und diente als Werkstätte. Das war 1956.

Das sieht man an der Überdachung aus Blech, die bekam ich  von der Chemischen Fabrik in Gablingen und an den billigen Rohren und Brettern, da wir kein Geld hatten, improvisierten wir, die Einrichtungen waren „einfach“.

Meine Planung war einen tüchtigen Gehilfen einzustellen. Den bekam ich dann auch und er blieb von 1952 bis 1965 bei mir.

Wir haben begonnen, bei jeder Art von Motorrädern und Automobilen die Elektrik zu reparieren, zu warten, weil mit Batterie + Elektrik hängt am KFZ alles zusammen.

Wie kam ich zu den Fuldamobilen:

1952 habe ich in einer Autozeitung eine Anzeige von einem  Fuldamobil „Silberfloh“ gelesen; der hat mir sehr gefallen und ohne den zu sehen, habe ich ihn bestellt. Dachte mir, neben meinem Batteriedienst könnte man in` s Auto- und Kleinwagen- Geschäft einsteigen. Und habe bei der Fa. Elektro- Maschinenbau Fulda GmbH Schmitt diesen Wagen selbst auch abgeholt und ihn per Achse nach Augsburg gefahren (No. 360127).

Nachts um 22:00 Uhr kam ich mit dem „Silberfloh“ wieder in Augsburg an und habe meine Frau, die mit unserer Nachbarin im Kino war, von dorten abgeholt. Die Straßenlaterne hatte das Wägelchen noch silbriger glänzen lassen und meine Frau war furchtbar entsetzt und sagte:………waaaas, in das Auto steige ich nicht ein!!   Die Nachbarin meinte, sie soll sich nicht so anstellen und mitfahren und so haben wir vorne zu dritt Platz genommen und sind vom Kino zur Markgrafenstraße nach Hause gefahren.

Wie ging es weiter:

Nachdem ich mit dem „Ding“ einige Zeit gefahren bin, habe ich in Fulda angerufen, ob man solche „Dinger“ nicht verkaufen könnte. Als weiteres Geschäftsstandbein dachte ich und so hat sich das mit den Fuldamobilen langsam angebahnt.

Schon jetzt sei gesagt: Das Verkaufen dieser Wägelchen war sehr schwierig, es gab zu wenig Kunden, es war auch viel Geld für damals, Kosten von: 2780,– DM und mehr! Außerdem war die Kleinwagenkonkurrenz sehr groß!

Die Fotos 9, 10, 16,  zeigen uns auf der Augsburger Automobil Frühjahrsausstellung, wo wir dreimal einen Stand hatten und wechselnde Fuldamobil Typen vorstellten. Im Foto 16 ist meine Frau vor einem S6 auf einer dieser Augsburger Frühjahrsausstellungen zu sehen. Oben sieht man das selbstgemalte Fulda-Mobil Werbeschild! Foto 14 bin ich mit meinem zweiten Fuldamobil zu sehen, ein S2-Dreirad mit 360 ccm Motor, auch auf Foto 15 rechts zu sehen in Islandgrün (No. 360541, Baujahr1954). Foto 13 ist ein Werksfoto und zeigt links Hr. Sander, rechts Verkaufschef Hr. Kremel (Fzg- No. 250010).  Nachdem ich dieses Auto fuhr (gemeint ist der Silberfloh), hatte es sich ergeben, mit weiteren Fuldamobilen Geschäfte zu machen. Nachdem wir ein paar Autos verkaufen konnten, sind die Käufer immer wieder gekommen und wir haben einen Fuldamobil – Club gegründet. Ich war der Club- Vorsitzende, das war eine schöne Zeit, weil wir auch viele Ausflüge gemeinsam unternommen haben. (Das waren aber auch Reklamefahrten für mich und die Fuldamobile!)

Treffpunkt und Abfahrt zu unseren Ausfahrten war des Öfteren unser Oberhauser- Bahnhof in Augsburg, Foto 19, wo wir manchmal mit über zehn bis zwölf und mehr Fuldamobilen losfuhren. Unterwegs, Ziel und Einkehrschwung sieht man auf den Fotos  17 und 18 auf dem Campingplatz am Herzogstand und 20 Kesselberg, den wir bestiegen haben. Des Nachts schliefen wir im umgebauten Fuldamobil, die anderen in ihren mitgebrachten Zelten.

Foto 21, 22  zeigen im Bild den früheren Augsburger Königsplatz auf die Fuggerstraße zulaufend, die der Schutzmann freigibt. An zwei Weihnachten haben wir mal dem Schutzmann einen Geschenkkorb gebracht, meine Frau stieg aus und hat diesen im Namen des Clubs für seine Bemühungen überreicht. Das war wirklich rührend und er hat sich sehr gefreut.  Normalerweise hätte das in die Zeitung gehört, sagt Hans Hahn heute, um es für die Fuldamobil-Werbung (-Promotion, würde man heute sagen-) auszunutzen. In der Stadt (Augsburger- Hof) hatten wir ein Clublokal und hier haben wir wiederholt unsere Kärrele (-kommt von Karren und ist schwäbisch-) aufgereiht. Meinen Sie, dass wir auf Grund dessen ein Auto verkauft haben? Nie! Komisch, sagt Hahn, bei dem Messerschmitt Kabinenroller hat sich keiner daran gestört, daß er ein Dreiradler war. Nur am Fuldamobil störte es die Kunden und haben es bemängelt.

Wenn „Der“ (-Hr. Schmitt aus Fulda ist hier gemeint-) das Doppelrad schon früher gebracht hätte, wie die Isetta- Spur, dann hätten wir vielleicht die Messerschmitt`s überflügelt !!

Fuldamobile aus Wilhelmshaven:

Dann ist das Mobil NWF 200 (aus Wilhelmshaven) heraus gekommen. Hier kam eines Tages ein feiner Mann mit Aktentasche in unsere Bretterbude in der Markgrafenstraße und hat „große Töne gespuckt“: Diese Fuldamobilvertretung muss größer ausgebaut werden, weil sie jetzt ( die FULDA- MOBILE ) von einer renommierten Karosseriefabrik kämen, nämlich aus Wilhelmshaven. Er hatte Mappen und Prospekte dabei und suchte im Raum Augsburg einen guten Fuldamobil- Händler. Und dieser Herr hat mich notgedrungen weiter in das Geschäft eingebunden. Er suchte einen Händler mit Schaufenster, Werkstatt und alles was dazugehört; nicht so eine Hinterhofgarage, wie ich sie hatte!! Fand aber keine andere Firma!! Wir wurden uns einig, fünf Fahrzeuge aus Wilhelmshaven zu kaufen. In zwei Chargen, zuerst zwei und dann drei. Und diese Mobile haben wir gleich anzahlen müssen. Die sind dann von Wilhelmshaven abgeschickt worden und bei uns musste sofort die Kasse klingen, mit Wechsel usw., wir hatten selbst wenig „Bares“, die Finanzdecke war dünn.

Geliefert wurden sie dann im offenen Eisenbahn- Waggon und kamen als komplette Autos bei uns am Bahnhof an, jedoch voller „Dreck und Speck“ in einem furchtbaren olivgrün, rot und beige, sagte Fr. Hahn. (Na ja, das war Geschmackssache)

Die Frachtkosten waren immens hoch und Fr. Hahn hat fast der „Schlag getroffen“, denn das musste separat und sofort vom Händler, also von uns bezahlt werden.

Aber dennoch, die fünf Autos sind rund um Augsburg auch verkauft worden. Und dann hat NWF Wilhelmshaven Pleite gemacht, (-heute sagt man  Insolvenz-), weil diese Firma einen Omnibusgroßauftrag aus Brasilien storniert bekam und das Mobil mit in die Pleite riss. Die wären schon am richtigen Weg gewesen, haben ca.2000 Fuldamobile gebaut, meint Hahn, aber dann war`s aus. Und einen geschlossenen Kettenkasten für den Antrieb des ILO 200 Motors haben sie auch nicht gebaut und das hat sich rumgesprochen, weil sich hinten unten alles verdreckt hat!!

So Hans Hahn`s heutige Meinung.

So baute ich Fuldamobile eben selbst:

Ich hatte damals mit dem Firmeninhaber Hr. Karl Schmitt ein gutes Verhältnis und war des öfteren in Fulda bei seiner Firma. Ich sagte zu ihm: „……….Hr. Schmitt, wenn Sie mir schon keine Komplettautos geben können, dann geben Sie mir wenigstens die Autos in Einzelteilen und ich kann mir die Fuldamobile selbst machen!“ Das Problem, meint Hans Hahn in der Nachbetrachtung, war die Verfügbarkeit der Kunststoff-Karosserien!!

Wir sind dann mit einem ausgeliehenen VW Bus nach Fulda gefahren, in die Rangstr. 39 und haben die einzelnen Teile (heute sagt man: Komponenten) und Bausätze geholt. Das war damals so, dass ich 1958 den ersten S7 zerlegt abholen konnte. Ich hätte jedoch mehrere Fahrzeuge für Kunden gebrauchen können und benötigt.

Anschließend ging es ans Zusammenbauen und Schweißen der einzelnen Bau- Komponenten für das Grundgestell, den Rahmen,  wie auf den Fotos 23 zu sehen.

Eine Rahmenlehre baute mir ein bekannter Schlosser, damit alles nachher passte.

Die Karossen kamen teilweise ohne Ausschnitte für z.B. Heckleuchten, Bremsleuchten, wie auf den Fotos 24  zu sehen ist (Hans Hahn bei der Arbeit). Das mussten wir alles selber machen, selbst die Fensterausschnitte und Türbeschnitte musste ich mit einer Form/ Schablone nachschneiden und nacharbeiten. Die Himmelbespannung hat meine Frau genäht, nur die Sattlerarbeiten für die Sitzbezüge wurden von einem Profi erledigt und mussten wieder separat bezahlt werden. Dabei habe ich die Sitzlehnen entgegen den Vorgaben aus Fulda schon geteilt, das heißt, der Fahrer konnte sitzen bleiben und die Rückenlehne des Beifahrers liess sich einzeln umlegen, um nach hinten besser einsteigen zu können. Das war schon eine gute Idee von mir!! Mit diesem verbesserten Fuldamobil war ich auch einmal bei Hr. Schmitt in Fulda. Bei einem Besuch vor Ort habe ich ihm die Idee vorgestellt, da staunte er!!  Die F&S Motore mit dem Kettenantrieb kamen alle aus Fulda vom Karl Schmitt, als gesamte (Antriebs) Einheit.

Und so wurden dann die S 7 komplett fertig gemacht und an die (handverlesenen) Kunden ausgeliefert, die inzwischen das Auto bewundert haben.

Es war  ja auch wirklich formschön!

Frau Hahn meinte jedoch:

…viel- viel Arbeit und kein Geld verdient!

Die nächsten zwei Rohkarosserien kamen von einem Hersteller aus München, das wäre praktisch und gut gewesen, da das in der Nähe von Augsburg wäre, dachte ich mir.

Da fertige ich ab und zu ein Fuldamobil zu meiner Autoelektrik, bin ausgelastet und könnte sogar noch jemanden einstellen, waren meine Gedanken und Pläne in dieser Zeit. Aber die Kunststoff-Firma in München machte „dicht“ und ich stand wieder ohne Karossen da! Auf Anfrage in Fulda  hat Hr. Schmitt  geschrieben, in Dänemark sei eine Kunststoff- Fabrik (Fa. Fibrex, Roskilde ist gemeint), sie hätten die Urmodelle und Negativformen. Von dort kamen dann die nächsten drei S7 Karosserien. Zur Abholung mussten wir mit dem Zoll zum Bahnhof und die Kunststoff-Karossen abholen, wobei ein riesiger offener Güterwaggon für den Versand verwendet wurde und mussten 1200, –DM (!!) Fracht und Zoll berappen, das war wahnsinnig viel Geld und deshalb war auch nichts an den Fuldamobilen  zu verdienen.

Das war der Anfang vom Ende meiner Fuldamobilzeit, die leider nicht sehr erfolgreich war!

Bildbeschreibung 24 a:

Foto: links oben, Grundgestell vom S 4, aus Fulda geliefert, mit 200ccm F&S Motor Werksfoto.

Foto: links mitte u. unten: Unser Fuldamobilclub, zu Weihnachten habe ich einen „Fernseher“ bekommen, das war ein beklebter Karton und   symbolisch zum „Fernseher“ umfunktioniert! Das war 1957.

Foto: rechts oben: Ein 200ccm  ILO Motor, den wir zum Einbau bekommen haben,

bei denen ich aber, einer nach dem anderen, einen Kettenkasten dazu geschweißt habe, dann war das Problem von mir gelöst.

Foto: rechts mitte u. unten: Aus Fuldamobil Wegwerf- und Übrigteilen von mir

zusammengeschweißter Handkarren zum Transport von schweren Holzfässern bei der Augustabräu/ Fortunabräu in Augsburg. Weil dort ein Arbeiter von mir ein Fuldamobil gekauft hatte. Am 8. Juli 1963 musste ich das für ihn erledigen.

Bildbeschreibungen:

Foto 25: Eines meiner selbst zusammengebauten (und selbst lackierten) Fuldamobile Typ S 7 mit GFK Karosserie

Foto 26: Mein S 7 schon mit „neuem“ Kennzeichen vor meiner „Hütte“ in der Mark- grafenstraße, unserem Firmensitz.

Foto 27 u. 28: Bei einem Ausflug meine Frau und ich mit Fuldamobil S 7 mit Weiß- Wandreifen, seitlich im Fenster ein Reklameschild.

Foto 29: Foto von unserer Nachbarschaft, ein Fuldamobil mit Zweifarben-Lackierung, die wir bereits selbst gemacht haben, alle Trennzierleisten musste ich selbst biegen und anbringen.

Foto 30: Auf dem Foto Frau Hahn mit befreundeten Kindern, die mal mitfahren wollten und ein S7 mit Lampenschirmchen und Radzierblenden aus einem Zubehörhandel  von  München.

Weitere Fuldamobil Episoden und Erzählungen von Hans Hahn:

Selbst ist der Mann:

Die meisten Fuldamobile wurden von mir selbst abgeholt, einen Lieferservice von der Fabrik, wie heute, gab es nicht. Schon sehr früh musste ich mich auf die Socken machen, um den ersten Zug Richtung FULDA zu bekommen und nach mehrmaligen umsteigen kam ich immer so gegen 10:00 Uhr in Fulda beim Werk an. Nach einem kleinen Schwätzchen mit der Sekretärin und dem Firmenchef Hr. Schmitt, wie`s so läuft, musste ich immer noch etwas warten. Warum? Natürlich war das Mobil, das ich holen wollte, noch  nicht fertig und die letzten Fertigstellungsarbeiten wurden noch schnell durchgeführt. Nichts ungewöhnliches für mich. Und so konnte ich  mich manchmal erst gegen 14:00 Uhr auf die Rückreise mit den Fuldamobilen machen. Das war ein ganz schöner „Schlauch“ bis Augsburg, wo ich erst spät Nachts wieder eintraf. Wenigstens waren die Fahrzeuge gut eingefahren und konnte sie so, ohne Kratzer an die Kundschaft ausliefern.

Warum lief das Fuldamobilgeschäft nicht?

Das Geschäft lief sehr sehr schleppend, auch bei unseren diversen Augsburger Frühjahrsausstellungen. Ich suchte nach dem Grund?  Lag`s an mir? Ich war kein Kaufmann und kein professioneller  Autoverkäufer! Aber bei einer der Ausstellungen haben wir einen Mann gekannt, der bei einer Dachdecker- Zubehörfirma angestellt war und das war ein Kaufmann. Der Haller Hans war ein ganz „gewiefter“ Mann. Der konnte den Leuten Schnürsenkel verkaufen, obwohl sie etwas anders benötigt hätten. Er hat sich bereit erklärt, mit meiner Frau auf der Ausstellung die Mobile mitzuverkaufen. Viele Probefahrten wurden gewünscht, doch keiner hat ein Auto gekauft, nichts ging. Das einzige Fuldamobil hat Haller an einen katholischen Pfarrer verkaufen können. Lag es an dem Namen Fuldamobil? Waren die Firmennamen BMW- Isetta oder Messerschmitt besser in den Köpfen der Leute?? War der Motor zu schwach?

Hans Hahn meint heute, dass der „Schmitt“ in Fulda nicht groß interessiert  war,  das Autogeschäft groß auszubauen, das war der eigentliche Grund.

Hauptgeschäftsfeld war der Elektromaschinenbau und Boschdienst in Fulda und nicht seine Autos.

Konstruktions- Versuch: Fotos 31

Anfang der sechziger Jahre lagen noch einige 200 ccm F&S Motore bei mir herum, die nicht mehr an den Mann zu bringen waren. Hier kam mir die Idee, aus zwei Aggregaten einen starken 400ccm-Motor zu fertigen, weil der normale F&S 200ccm für das Mobil einfach zu schwach war. Viele Konstruktionsgedanken gingen mir Tag & Nacht durch den Kopf, bis ich anfing.  Bei einer Firma in Augsburg konnte ich die beiden Kurbelwellen zusammen fügen lassen und durch Presssitz mit einem Zusatzzahnrad verbinden lassen. Den „Kardanknochen“ von Messerschmitt verwendete ich, änderte ihn um und setzte ihn zwischen die beiden Motore. Viele Einzelteile hat mir ein Mitarbeiter von MAN nach meinen Angaben gefertigt. Der zweite Zündantrieb/ Anker usw. wurde auf der anderen Seite befestigt und alle anderen Komponenten wurden in Tüftelarbeit irgendwie hingebastelt. Zum Schluss habe ich sogar eine komplette Hinterachse vom S7 angeflanscht. Und wir haben das „Ding“, mit einem frisch geschweißten Auspuff irgendwie zum Laufen gebracht. Allerdings schafften die Gebläse die thermische Belastung nicht und der Motor wurde jedes mal so heiß, dass er ausfiel. Hier haben wir überlegt, was wir machen könnten? Vom Autofriedhof habe ich ein Gebläserad vom VW Käfer geholt und dazugebastelt und es klappte soweit. Den  „einfachen“  Motor von meinem S7 herausgenommen und dieses Doppelaggregat eingebaut. Das Motor- Gummilager musste ich durch ein stabileres ersetzen. Der „neue“ Motor hatte einen Ton, wie eine 250er ADLER Motorrad. Super!  Er ist weggegangen, wie die Feuerwehr, sagte Hahn heute noch begeistert. Das wäre der richtig starke Motor für den S 7 gewesen- fast 20 PS!!!!

Und dann fuhr ich zum TÜV, der hat mir erst mal gesagt, was diese Einzelabnahme kosten würde, über 1000,– DM.  Den Motor müsste man auf einen separaten Prüfstand laufen lassen, um alle technischen Daten festhalten und eintragen zu können.

Der Prüfer gab Hans Hahn folgenden Rat:

Guter Mann, das ist schon eine verrückte Idee; aber, nachdem Sie nicht so viel Geld haben, nehmen Sie den Motor wieder heraus und bauen Sie den originalen ein, das bringt doch alles nichts! Es macht keinen Sinn!  Diesen Ratschlag habe ich befolgt und den Versuchsmotor auf den Speicher gelegt, wo er Jahrzehnte dahinschlummerte und erst vor ein paar Jahren von einem Sammler aus Gersthofen abgeholt wurde, der ihn heute noch besitzt.

Weiter FULDAMOBIL Verkaufsversuch:

In Augsburg an der Thälestraße hatten wir einen bekannten Victoria Händler, das war der Paul Müller, ein begnadeter Geländespezialist, der bei vielen Motorradrennen teilnahm. Der hatte, als wir noch mitten in  Augsburg waren, bei uns gegenüber seinen Laden. Dem habe ich ein Fuldamobil zum Verkauf hingestellt. Trotz seines guten Namens, er war bekannt, wie ein „bunter Hund“ in Augsburg,  mit vielen Verbindungen, war auch er nicht in der Lage, dieses Fahrzeug zu verkaufen. Es war eben schlecht zu verkaufen?!?

Geländefahrt:

Mit dem 360iger Fuldamobil (Sachsmotor mit 9 PS) bin ich auch mal die Gelände-fahrt „Rund um  Mittelschwaben“ mitgefahren, um Reklame für dieses Auto zu machen. Das war ganz schön anstrengend für mich und das Wägelchen.

Beherrschung des Fuldamobiles:

Ich habe kein Fuldamobil ausgeliefert, ohne zu wissen, daß auch die Fahrerin/ Fahrer das Auto beherrschen können. Ich machte mit ihnen praktisch Fahrschule und für die potentiellen Käufer den Fahrlehrer.  Denn die neuen Besitzer waren fast alle, frühere Motorradfahrer. Die wären alle bei mir gegenüber in den Gartenzaun gefahren! Eine Käuferin, Fr. Uhl, war schon sechzig, sie und ihr Mann hatten eine Bienenzucht außerhalb Augsburgs und mussten da dauernd hinfahren. Er war Rektor und konnte nicht Auto fahren. Das Fuldamobil wurde zu ihrem „Ein und Alles“ und sie fuhr es jahrelang. Vorher bin ich jedoch mit ihr so lange gefahren, bis sie alles begriffen und beherrscht hatte, dann habe ich ihr das Mobil übergeben. Frau Hahn sagt heute dazu: „Alles für Geld und gute Worte“!

Schwache Pleuel beim F&S Motor? :

Wir hatten teilweise Probleme mit den F & Sachs Motoren, denn bei uns sind des öfteren die Pleuel defekt geworden. Der F&S Motor hatte ein Aluminium- Pleuel, das vielleicht zu schwach war?? Ich vermutete: erstens), dass viele Leute keine „Leichtgewichte“ waren und die Mobile das Gewicht nicht vertrugen und zweitens), diese Leute volle Pulle gefahren sind, was das Mobil halt hergegeben hat (immer Vollgas) und drittens) kamen dann die Besitzer und sagten: der „geht nicht mehr“ !! Dann habe ich den Motor zerlegt und wirklich, das Pleuel war „ausgezogen“! Wir hatten in Augsburg jemanden, der DKW Kurbelwellen gerichtet hat und der hat mir die Pleuel gerichtet und ich hab sie wieder eingebaut und der Motor lief wieder. Meine Vermutung: Die Messerschmittler mit dem gleichen Motor waren leichter, da passierte das eher nicht?!? Ich wusste es nicht.

Zu scharfe Fahrt:

Eines Tages kam wieder mal ein Vertreter, (- ich weiss heute nicht mehr, ob von Fulda oder Wilhelmshaven-); er wollte, daß das  Fuldamobilnetz (-gemeint war die Händlerorganisation-) vergrößert werden sollte. Dem wollte ich mit einer Fahrt vorführen, wie sicher das Fuldamobil S2 mit dem 360er Sachs auf der Straße liegt. Ich bin damals immer schon mit dem Auto „um die Ecke“ gefahren, richtig hakig. Ich wollte mit ihm einen gekannten Fahrradhändler in Lechhausen besuchen. Auf dem Autobahnzubringer, der etwas abschüssig und regennass  war, fuhr ich elegant um die Kurve und der Karren ist mir abgeschmiert, über die Böschung gerutscht und kam erst auf der „Seite liegend- zum Stehen“. Gemeinsam haben wir ihn wieder aufgestellt und die Fahrt beendet. Anschließend bin ich zu einem Karosseriebauer gefahren, der mir den Schaden wieder hergerichtet hat und die Alukarosse geschweißt hat. Blinker und andere beschädigte Teile habe ich ausgetauscht, den Schaden habe ich selbst lackiert, fertig.

Dann kam das Ende meiner Fuldamobilzeit und 1980 habe ich aus Altersgründen meinen Elektro- und Batteriedienst Betrieb zugesperrt. Alles wurde weg geworfen und wanderte auf den Sperrmüll !! Es waren Gebrauchsgegenstände. Nichts blieb übrig, warum auch??

Heute, 2005 ist Hr. Hahn 88 Jahre alt und erinnert sich gerne an seine sehr arbeitsreiche Zeit und erzählte, wie ihm der (schwäbische) Schnabel gewachsen ist und es ist erstaunlich, an was er sich noch alles erinnerte, wir wünschen unserem Zeitzeugen gute Gesundheit.

Interview geführt durch Karl Goeb am 14.11. 2005 in Augsburg.

Hans Hahn Auto Elektrik, Fuldamobil Händler, Augsburg

Verkäufe von Fuldamobilen, Auswertung Produktionsbuch Fulda

Fahrgest. Nr.               Fzg. Art                                       Typ     Motor Nr.                   Auslieferung ab Werk

360 127                     Limousine, blank                              N         1243661                    1952

360 228                     Limousine, blank                              N         1243780                    04.12.52

360252                      Limousine, grün                               N         1265289                    12.02.53

360 541                     Limousine, grün                               S 2      1348845                    27.02.54

360 787                     Limousine, blau                                S 2      1349299                    03.06.55

200 257                     Limousine, blau,                               S 3      2033138                    15.06.55

200 298                     Limousine, blau, Sonnendach        S 3      2033159                    08.08.55

200 382                     Limousine, beige                             S 4      2032625                    24.11.55

200 398                     Limousine, grün                               S 4      2103977                    12.12.55

200 447                     Limousine, beige                             S 4      2106420                    12.03.56

200 450                     Limousine, beige, Duplexkette      S 4      2106417                    16.03.56

200 466                     Limousine, grün, Duplexkette         S 4      2107658                    16.03.56

200 482                     Limousine, blau                                S 4      2107639                    16.03.56

200 496                     Limousine, blau                                S 4      2107794                    10.04.56

200 498                     Limousine, blau, Sonnendach        S 4      2107785                    10.04.56

200 501                     Limousine, beige, Sonnendach     S 4      2107776                    10.04.56

200 523                     Limousine,beige                              S 4      2247335                    26.05.56

200 554                     Limousine, grau                               S 4      2248497                    25.06.56

200 555                     Limousine, grün, Sonnendach        S 4      2248499                    25.06.56

200 556                     Limousine, Zierleisten                     S 4      2248503                    25.06.56

200 650                     Limousine, grün                               S 6      2252267                    22.12.56

200 671                     Limousine, blau                                S 6      2251724                    16.03.57

200 674                     Limousine, türkis, Messe Augsb.   S 6      2106487                    25.04.57

200 708                     Limousine, grün                               S 7      2257206                    28.06.57

Eigenbau Hahn : Teilesätze Typ S7 aus Fulda und Fahrgestellnummern aus Fulda,

eigenes Typenschild, Hersteller Hahn, 5 Fahrzeuge

1958:   Nr:         200 734         200 738         200 739

1959:   Nr:         200 801         200 802

Im Produktionsbuch sind unter S 4 noch 6 Fahrzeuge nach Augsburg verzeichnet, jedoch ohne den Namen Hahn zu erwähnen. Anzunehmen, dass der Verkauf nicht über Hans Hahn erfolgte.

Zu den 5 NWF Fahrzeugen (ILO Motor 200 ccm), wie von Herrn Hahn erwähnt, liegen mir keine Unterlagen vor.

Josef Krotil   05.12.2005